Im Gedenken an das Massaker von Celle

Der 8. April ist der 80. Jahrestag des Massakers von Celle. Das beschönigend als »Celler Hasenjagd« bezeichnete Verbrechen in der Endphase des Zweiten Weltkriegs gilt als das dunkelste Kapitel in der Geschichte der Stadt. Im Gedenken an die Ereignisse ruft das Netzwerk Südheide gegen Rechtsextremismus zur Teilnahme an zwei Schweigemärchen mit abschließender Kundgebung auf.

Aufgrund der vorrückenden Alliierten ließ die SS am 7. April 1945 zwei KZ-Außenlager räumen und stellte einen Zug zusammen, um etwa 3400 Inhaftierte nach KZ Bergen-Belsen zu verlegen. Der Zug erreichte am Nachmittag den Celler Güterbahnhof. Bevor er seine Fahrt fortsetzen konnte, wurde er vom Bomben getroffen, die im Rahmen eines Luftangriffs auf Celle abgeworfen wurden. Dabei kam ein Teil der Inhaftierten ums Leben. Überlebende flüchteten überwiegend ins Neustädter Holz oder tauchten in der Innenstadt unter. 

Die örtliche Polizei, verstärkt von einer Wehrmachtskompanie und einer in der Nähe stationierten SS-Einheit, durchkämmten die Innenstadt und Waldgebiet auf der Suche nach den KZ-Inhaftierten. Wer plünderte, Widerstand leistete oder flüchtete, sollte sofort erschossen werden. An der Nachsuche am 9. April beteiligten sich auch Zivilisten und Volkssturmmänner. Sie erschlugen oder erschossen zahlreiche Häftlinge. Die Zivilisten hatten keinerlei Befehl dazu erhalten. Sie handelten aus freien Stücken. Viele KZ-Inhaftierte starben durch einen Genickschuss. Die Verfolger hatten die Rolle von Henkern übernommen. Nach heutigen Erkenntnissen sind bei der Aktion 254 Geflohene erschossen worden. 

Von den rund 1100 KZ-Inhaftierten, die bei der Aktion erneut festgenommen worden waren, übergaben die SS-Bewacher einen Teil der Wehrmacht zur Unterbringung in Celle und trieb den anderen Teil zu Fuß nach Bergen-Belsen. Auf diesem Todesmarsch entkräftete KZ-Inhaftierte, die nicht weitergehen konnten, wurden am Wegesrand erschossen.

Die andere Gruppe wurde in einem geräumten Pferdestall auf dem Gelände der Heidekaserne in Celle (heute Rathaus) einquartiert. Für die Verpflegung und ätztliche Versorgung der Gefangenen war die Stadtverwaltung zuständig. Diese kümmerte sich jedoch nur unzureichend, sodass bei der kampflosen Übergabe der Stadt am 12. April 1945 an britische Truppen hunderte halb verhungerte und völlig verwahrloste Menschen sowie zahlreiche Sterbende und Tote vorgefunden wurden.

Die Briten nehmen alsbald Ermittlungen auf, doch erst im Dezember 1947 werden 14 Männer vor einem Militärgericht des Mordes angeklagt. Drei werden zum Tod verurteilt, vier zu Haftstrafen und sieben Angeklagte freigesprochen. Die Todesurteile werden später in Haftstrafen umgewandelt. Spätestens 1952 sind alle Verurteilten wieder in Freiheit. 

Seit 1992 erinnert ein schlichtes Mahnmal in den Triftanlagen in Bahnhofsnähe an die Opfert des Massakers.

Zum Gedenken an die ermordeten KZ-Häftlinge sind für Dienstag, 8. April, zwei Schweigemärsche  geplant. Eine Gruppe wird sich gegen 17 Uhr vom Neustädter Holz, Nienburger Straße 33, Höhe Pfadfinderheim, auf den Weg machen. Zeitgleich wird eine andere Gruppe vom Güterbahnhof, Neuenhäuser Straße 3, Höhe Trinkgut, aufbrechen. Beide Gruppen treffen sich an der Bahnhofsstraße/Trüllerstraße und werden dann gemeinsam zum Mahnmal an der Trift gehen. Dort sprechen gegen 18 Uhr unter anderem die Landtagspräsidentin, die stellvertretende Superintendentin und die Vorsitzende des Ezidischen Kulturzentrums Celle und Umgebung. Ein Posaunenchor wird die Veranstaltung an der Trift begleiten. 

In Zeiten der zunehmenden Verrohung und Gewaltbereitschaft wollen das Netzwerk Südheide gegen Rechtsextremismus und die zahlreichen weiteren beteiligten Verbände und Institutionen ein Zeichen gegen Gewalt setzen.